Home

 

Welche Gefahr bedeutet das Dengue-Fieber für den Touristen in Rio de Janeiro  ?

Stand: April 2008

 

Medien bestätigen uns gerne, was wir längst wissen:  

In Rio de Janeiro wird der Tourist direkt nach der Landung erschossen.

Wer durchkommt, wird am ersten Abend in Copacabana hinterrücks erstochen und ausgeraubt.

Neu ist: Widerspenstige Überlebende werden derzeit vom Dengue-Fieber hinweggerafft.

So titelt z.B. “Die Welt” am 27.3.2008 sensationell: “Dengue-Fieber wütet am Zuckerhut”.

 

Die Nachricht stimmt, aber was sie nicht enthält:

Für den Touristen, der nicht ausgerechnet in den slum-ähnlichen Vororten der Metropole Rio de Janeiro weilt oder übernachtet, ist das Dengue- Risiko kaum grösser als vom Blitzschlag getroffen zu werden.

 

Die besonders winzige Mücke, die Schlagzeilen in Rio de Janeiro macht, ist die Aedes aegyti.

Sie kann einen Virus übertragen, der Dengue-Fieber aulösen kann.

In seltenen Fällen (unter 3% der tatsächlich als "Dengue" diagnostizierten Krankheit) ist das Fieber hämorrhagisch. Dann können bei Ausbleiben rechtzeitiger ärztlicher Behandlung schwere Krankheits-Verläufe und Todesfälle auftreten.

Dieses wenn auch minimale Risiko wurde in Rio de Janeiro dramatisch unterschätzt.

Die Diagnose fällt schwer, da über 90% der wirklich Erkrankten nur "normale" Kopfschmerzen oder grippale Effekte verspüren.

So gut wie sämtliche Todesfälle in Rio de Janeiro (weitgehend Kleinkinder) werden falscher oder verspäteter Diagnose zugeschrieben.

Das plötzliche, unerwartet starke Auftreten ist auf  das Stadtgebiet Rio de Janeiro beschränkt.
"Auf dem Lande", also auch z. B. im 170 km entfernten Buzios, tritt Dengue kaum auf.
Dafür gibt es gleich mehrere, jedoch weniger bekannte Gründe:

Die weibliche, stechende Mücke bevorzugt den Menschen zur Deckung ihres Blut-Bedarfs.
Viele Menschen auf engem Raum bieten dieser Mücke die perfekte Voraussetzung.
Entstehung und schnelle Ausbreitung erfolgen daher ausschliesslich in urbanem Gelände, insbesondere bei niedrigem Hygiene-Standard.
Das sind in Rio de Janeiro die slum-ähnlichen Vororte, in denen reichlich 4/5 der gut 10 Millionen Einwohner leben.
Gleichzeitig ist in diesen Gegenden der Anteil von Kindern sowie von schlecht ernährten Erwachsenen überproportional.

Gleiches gilt für die Wohn-undLebensverhältnisse: Die grosse Mehrheit lebt ebenerdig.
Die Aedes aegyti - Mücke fliegt nur bis zu ca. 1 m Höhe über dem Erdboden.
Wer in diesem Bereich schläft oder sitzt, ist in obigen Gegenden ein leichtes Opfer, vornehmlich Kinder.

Gestochen wird im Fuss- und Knöchel-Bereich.
Noch nie wurde diese Mücke in oberen Stockwerken angetroffen, es sei denn nach zufälliger Fahrstuhl-Benutzung oder durch unbemerktes Einschleppen der Larve, z.B. auf Verpackungsmaterial.
Die Ausbreitung des hämorrhagischen Fiebers trifft also fast ausschliesslich die sozial Schwachen, die auch in Rio de Janeiro in völlig überbauten Gegenden "hinter den Bergen" leben (weitgehend im westlichen Bereich der Metropole), also weder die Mittel-und Oberschicht noch Touristen in den "gemässigten" (südlichen) Wohngegenden.
Der natürliche Feind von Eiern und Larven sind Bakterien. Daher  wird sauberes Wasser bevorzugt, bei dessen Mangel aber auch Schmutzwasser. Eier können bis zu zwei Jahre an einem trockenen Ort überleben, bis ausreichend Feuchtigkeit die Larven zum Ausschlüpfen bringt.
In Brasilien traten bisher die Virus-Typen 1, 2  und 3 auf. Kurzfristig wird mit der Ankunft des Typ 4 aus Mittelelamerika oder Asien gerechnet.
Jeder dieser Virus-Typen benötigte mehrere Jahre zu seiner Entwicklung.
Schutzimfungen gibt es noch nicht. Deren Entwicklung dauert derzeit länger als die Mutationszeit der Virus-Typen.
Gegen die erste Infektion mit jedem der Viren entwickelt der gesunde menschliche Körper kurzfristig Anti-Körper, meist ohne irgendwelche Beschwerden, mit lebenslanger Immunität gegen diesen Virus-Typ.

Erst wenn - auch Jahre später-  ein anderer Virus-Typ durch einen neuen Stich übertragen werden sollte, kann unter bestimmten Voraussetzungen (i.d.R. körperliche Schwäche oder Unterernährung) leichtes oder schweres Dengue-Fieber, auch mit Todesfolge ausbrechen. . .  sofern rechtzeitige Diagnose und Behandlung ausbleiben. Die Behandlung beschränkt sich derzeit auf schnelle und reichliche Hydratation des Patienten
Die plötzliche Fieber-Epidemie in Rio de Janeiro trifft daher ausschliesslich solche Gruppen, die mehrere der folgenden Voraussetzungen vereinen:
 
-   Übertragung von Virus 3 bei Vorhandensein von Immunität gegen Typ 1 oder Typ 2
 -   Falsche oder nicht rechtzeitige Diagnose

 -   Fehlende, verspätete, oder falsche ärztliche Behandlung
 -   Körperliche Schwäche (Kinder ebenso wie kranke oder unterernährte Erwachsene).
Traurig ist der Mangel an Aufklärung der Bevölkerung, z.T. sogar der Ärzteschaft:

Beim Grossteil bisheriger Todesfälle erfolgte keine, meist aber eine falsche Diagnose, oder keine oder zu späte Behandlung.

Die Behörden in Rio de Janeiro haben Budget-Mittel nicht rechtzeitig zur Larven-Bekämpfung eingesetzt, und blamieren sich derzeit mit mangelnder Infrastruktur zur zügigen Bewältigung der Folgen, einschliesslich Aufklärung:
Die sozial schwache Bevölkerung verhält sich ähnlich wie Sparbuch-Besitzer bei Gerüchten über eine Bankenkrise:

Tausende von Menschen mit Verdacht auf Dengue verstopfen die Aufnahmen zu weniger Krankenhäuser, die Diagnose-Quote liegt unter 20%, aber gleichzeitig  sterben Kleinkinder unversorgt. Das Militär errichtete Notaufnahmen in abgelegenen Stadtteilen, und aus dem ganzen Land wurden Ärzte und Infektologen eingeflogen.
Es bestehen Anzeichen für die Richtigkeit der Vorhersage, dass sich die Zahl der ernsthaften Fälle kurzfristig erheblich reduzieren lassen wird.

 

Zusätzliche Informationen:

Praça Santos Dumont, 300 - Centro - Búzios  -  Tel.:  (22)  2623-6404 - Fax (22) 2623-9986